Der Vohwinkel Fuchs
Schloß Lüntenbeck Schwebebahn in Vohwinkel 1923 Rathaus Vohwinkel 1912 Kaiserplatz in Vohwinkel 1929 Neuer Bahnhof Vohwinkel 1909 Schöller 1928

Korkenzieher-Bahn

Korkenzieher-Bahn in den 30er-Jahren (Foto C. Bellingroth, Sammlung P. Leimbach. Quelle Kurt Kaiß / Michael Zimmermann : Die Korkenzieher-Bahn)

Der "korkenzieherbahntypische" Personenzug der dreißiger Jahre: 92 880 mit je einem Post-, Gepäck- und Personenwagen in Wuppertal-Vohwinkel.

Der Zug mit Fahrtziel Solingen befindet sich noch im Gleisbereich des Verschiebebahnhofs.

 



Die Korkenzieher-Bahn

Auf Nebenbahngleisen von Solingen nach Vohwinkel

Vor mehr als 110 Jahren nach langwierigen und zähen Verhandlungen ins Leben gerufen, war die verkehrspolitische Bedeutung der "Secundärbahn Solingen-Vohwinkel" von Anfang an höchst umstritten. Während sie für die Entwicklung der Industriegemeinden Wald und Gräfrath von eminenter Wichtigkeit war, wurde die wegen ihres eigenartigen Verlaufes "Korkenzieherbahn" genannte Verbindung in Solingen von vielen eher belächelt oder gar geschmäht. Zweifellos erfuhr sie durch die Inbetriebnahme der Strecke Solingen-Remscheid schon im Jahr 1897 einen ersten Bedeutungsverlust, dem ein Jahr später mit der Aufnahme des Straßenbahnverkehrs zwischen Solingen, Wald, Gräfrath und Vohwinkel ein weiterer Rückschlag folgte.

Danach verlief der Eisenbahnverkehr auf der Strecke für einige Jahrzehnte eher unbeachtet und rückte erst dann wieder stärker in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses, als in den dreißiger Jahren die ersten Gerüchte über die bevorstehende Einstellung des Personenverkehrs aufkamen. Der "Nordexpreß", in Zeitungen wegen seiner "asthmatischen Lokomotive aus ältester Zeit" und seiner zwei Wagen oft verspottet, wurde mehr und mehr zu einem liebenswerten Fossil, das es zu erhalten galt - leider vergeblich, wie sich bald zeigte.

Auch nach 1945 fehlte es nicht an Bemühungen und konstruktiven Vorschlägen, die Attraktivität der "Korkenzieherbahn" zu steigern bzw. ihren schleichenden Bedeutungsverlust aufzuhalten. 1970 bestanden seitens der DB sogar Überlegungen, die Bahn zu einer S-Bahn-Strecke auszubauen, ein etwas abenteuerlicher Gedanke, wenn man sich allein den krümmungsreichen Trassenverlauf vor Augen hält.

Seit 1995 nun ist die "Korkenzieherbahn" Geschichte. Vielleicht vermag ja die Tatsache zu trösten, daß dank der Persistenz von Eisenbahnanlagen noch zahlreiche Zeugen an das ungeliebte Stiefkind von Reichs- und Bundesbahn erinnern.


Fahrplan (Quelle Kurt Kaiß / Michael Zimmermann : Die Korkenzieher-Bahn)

Der erste Fahrplan für die Gesamtstrecke nach ihrer Eröffnung am 12.02.1890

Die meisten Züge begannen in Ohligs bzw. endeten dort.



Bergab nach Vohwinkel

Anders als die Straße, die auf kürzestem Weg (ca. 3 km) in das genau nördlich von Gräfrath gelegene Vohwinkel führt, behielt die Bahn aufgrund der Reliefverhältnisse ihren eigentümlich gewundenen Verlauf bei und verlief zunächst nach Nordwesten, bevor sie nach Querung der Oberhaaner Straße gar in westliche Richtung einschwenkte. Vorbei an der nach einer ehemaligen Beerenweinschenke benannten Ortslage "Am Nordpol" ging es auf die Hofschaft Fürkelrath zu, bekannt durch ihre Schnapsbrennerei. Hinter Fürkelrath bot sich den Reisenden einst ein grandioser Ausblick auf die bergische Landschaft bis hin zur evangelischen Kirche in Wald.

Bis zur grundlegenden Umgestaltung des Vohwinkeler Bahnhofs Anfang des 20. Jahrhunderts setzte die Strecke nahe der Hofschaft Wibbelrath zu einem letzten Bogen an und lief danach gradlinig auf das in nordöstlicher Richtung gelegene Vohwinkel zu. Hinter der Niveaukreuzung mit der Provinzialstraße nach Haan erfolgte schließlich die Einleitung in den Bahnhof Vohwinkel, dessen Stationsgebäude bis 1908 auf der Südseite der Gleisanlagen lag. In Höhe der Gleiseinmündung bei Simonshaus befand sich ein großes Fabrikgebäude mit einer Ringofenziegelei und einer "Schiebkarrenfabrik". Die Gründung dieser "Fabrik für eiserne Schiebkarren und Handfuhrgeräthe eigener Erfindung und Construction für alle Gebrauchsarten" basierte letztlich auf den Erfahrungen, die man bei der Bewältigung der Transportprobleme innerhalb der Ziegelei genmacht hatte.

Im Zuge der Umgestaltung des Verschiebe- und Personenbahnhofes Vohwinkel wurde die "Korkenzieherbahn" 1905 ab Kilometer 16,7 verlegt. Von Wibbelrath (In neuerer Zeit wurde die Bahnlinie dann westlich Wibbelrath von der Autobahn A 46 überquert.) ging es zunächst weiter nach Westen in Richtung Gruiten, von 1908 bis 1961 auf ca. 500 Metern begleitet von der Straßenbahnlinie Vohwinkel-Haan-Benrath (Linie V), bevor diese die Eisenbahn auf einem gemauerten Viadukt überquerte und in Richtung Haan verschwand. Die "Korkenzieherbahn" unterquerte die Elberfelder Straße und verlief anschließend in einem engen Rechtsbogen bis zum Westende des Verschiebebahnhofes Vohwinkel; das Gefälle auf diesem Abschnitt
betrug 1:60.

Bis nach dem 2. Weltkrieg bestanden zwei Varianten zur Einfädelung der "Korkenziehrbahn" in den Vohwinkeler Bahnhof: Die Personenzüge wurden mittels eines Überschneidungsbau-werkes auf die nördliche Seite geführt, um von dort parallel zu den Gleisen der Hauptstrecke Köln/Düsseldorf-Elberfeld zum ca. 3 km entfernten Personenbahnhof (171,5 m üb. NN) geleitet zu werden. Am Bahnsteig II erreichte die "Korkenzieherbahn" bei Streckenkilometer 22,1 zugleich ihren Endpunkt. Die Güterzüge zweigten dagegen schon vor dem Überschneidungsbauwerk (unweit der Hofschaft Tückmantel) in eines der Einfahrgleise am Südwestrand des Verschiebebahnhofes ab, von wo sie der weiteren Behandlung zugeführt wurden. Bei der Ausfahrt in Richtung Solingen nahmen Personen- wie Güterzüge den Weg über das Kreuzungsbauwerk.

Ende der fünfziger Jahre verschwand die Gleisüberführung, die nach der Einstellung des Personenverkehrs zwischen Vohwinkel und Solingen im Jahr 1941 ohnehin weitgehend entbehrlich geworden war. Die Abwicklung des noch verbleibenen Güterverkehrs erfolgte nun über die Gleisverbindung im äußersten Süden des Verschiebebahnhofs.


Bahnhof Vohwinkel vor Umbau 1900 (Quelle Kurt Kaiß / Michael Zimmermann : Die Korkenzieher-Bahn)

Der Bahnhof Vohwinkel vor seinem Umbau im Zustand von 1900.

Die Personenzüge aus Solingen endeten auf der Westseite des Stationsgebäudes an Bahnsteig I, unmittelbar südlich davon der Endpunkt der Schwebebahn. Im Osten der Provinzialstraße befanden sich Betriebswerkstätte und Güterschuppen.

Neuer Bahnhof Vohwinkel 1908 (Quelle Kurt Kaiß / Michael Zimmermann : Die Korkenzieher-Bahn)

Mittlerer und östlicher Teil des Bahnhofs Vohwinkel nach seinem Umbau von 1902 - 1908.

Gegenüber der alten Betriebsstätte ist ein neuer, großer Ringlokschuppen entstanden; das Empfangsgebäude liegt
jetzt zwischen der Steeler Strecke im Norden und den Gleisen der West-Ost-Richtung Gruiten-Elberfeld im Süden.
Für die Züge der "Korkenzieherbahn" diente Bahnsteig III.



Der Bahnknoten Vohwinkel

Von allen Bahnhofsstandorten im bergischen Raum kann Vohwinkel auf eine der längsten Traditionen zurückblicken. 1841 als Durchgangsstation an der Düsseldorf-Elberfelder Bahn errichtet, entwickelte sich Vohwinkel mit der Einleitung der Prinz-Wilhelm-Bahn aus Steele schon sechs Jahre später zu einem kleinen Bahnknoten. Dieser wurde in der Folgezeit durch die Einführung der Linien aus Köln (1868), Wald (1887) und Velbert (1888) sowie der Verbindungsbahn zur sogenannten rheinischen Strecke nach Varresbeck (1896) mehr und mehr vergrößert, so daß sich der Bahnhof ausgangs des 19. Jahrhunderts zum wichtigsten Eisenbahnknotenpunkt im Westen des Bergischen Landes entwickelt hatte.

Angesichts des stetigen Verkehrszuwachses war es nicht weiter verwunderlich, daß der Bahnhof Vohwinkel häufig umgebaut bzw. erweitert werden mußte. So wurde das erste Stationsgebäude 1873 durch den im klassizistischen Stil errichteten, repräsentativen Monumentalbau im Süden der Gleisanlagen ersetzt, von dem ab 1887 auch die "Korkenzieherbahn" ihren Ausgang nahm.

Trotz seiner Standortvorteile mußte der alte Personenbahnhof wegen der Forderung, die Züge in Richtung Steele sowohl von Westen (Köln/Düsseldorf) als auch von Osten (Elberfeld) auf direktem Wege durch den Vohwinkeler Bahnhof leiten zu können, wie schon erwähnt aufgegeben werden. Stattdessen legte man östlich der Provinzialstraße nach Werden eine Art Dreiecksbahnhof an, wobei das in sakralem Baustil errichtete Empfangsgebäude zwischen den Personenzuggleisen der Steeler Strecke im Nordosten und der in West-Ost-Richtung verlaufenden Hauptstrecke im Süden angeordnet wurde. Auf der Westseite verliefen schließlich die beiden Gütergleise der Steeler Strecke, die in einer Kurve von 280 m Radius unter der Hauptstrecke hindurchführten und anschließend direkt in den Verschiebebahnhof einmündeten.


Neuer Bahnhof Vohwinkel (Foto Historisches Zentrum Wuppertal. Quelle Kurt Kaiß / Michael Zimmermann : Die Korkenzieher-Bahn)

Der neue Vohwinkeler Personenbahnhof kurz nach seiner Eröffnung.

Das um den Vorplatz gruppierte Gebäudeensemble wird vom Turm des Empfangsgebäudes überragt. Rechts
im Bild die drei südlichen Bahnsteige, von denen der äußere u.a. für die Züge der "Korkenzieherbahn"
bestimmt war; dahinter die beiden Ringlokschuppen der alten Betriebswerkstätte.

Bahnhofsgebäude (Quelle Kurt Kaiß / Michael Zimmermann : Die Korkenzieher-Bahn)

Das Bahnhofsgebäude im Grundriß.

Bahnhof Vohwinkel 1928(Foto Katasteramt Wuppertal. Quelle Kurt Kaiß / Michael Zimmermann : Die Korkenzieher-Bahn)

Der Bahnhof Vohwinkel 1928, aufgenommen aus östlicher Richtung.

Der Personenzug an Bahnsteig III in der Bildmitte könnte soeben aus Solingen gekommen sein.
Rechts die Lokschuppen des alten (unten) bzw. neuen Bahnbetriebswerks.



Copyright für Texte, Fotos und Bilder: Verlag A. Kaiß, Leichlingen 1998.

Die Texte und die auf dieser Seite gezeigten Fotos, sowie
viele weitere Bilder zur Korkenzieher-Bahn, finden Sie in:


Kurt Kaiß / Michael Zimmermann
Die Korkenzieher-Bahn
Auf Nebenbahngleisen von Solingen nach Vohwinkel
Rheinisch-Bergische Eisenbahngeschichte Heft 2
Verlag A. Kaiß, Leichlingen 1998
ISBN 3-9806103-0-6


Der Veröffentlichung der Fotos und Texte auf dieser
Webseite hat freundlicherweise Herr Kaiß zugestimmt.


 

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