Der Vohwinkel Fuchs
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Realschule Blücherstraße

Grundsteinlegung für das neue Gebäude Blücherstraße am 17. Juli 1954 (Foto-Ausschnitt aus der Jubiläumsfestschrift Realschule in Wuppertal-Vohwinkel 1948-1998)

Grundsteinlegung für das neue Gebäude Blücherstraße am 17. Juli 1954.

 

Die allgemeine Lage in Wuppertal war im Jahre 1947 noch katastrophal. Durch die Bombenangriffe verlor die Stadt u.a. die Gebäude der Mittelschule Leimbacher Straße, Fischertal, Reichsgrafenstraße und Pfalzgrafenstraße. Mittelschulen wurden in Volksschulen untergebracht, es wurde überall in Schichtunterricht gearbeitet. Die Schüler waren so unterernährt und schlecht gekleidet, dass nur 50% regelmäßig die Schulen besuchen konnten.
Das Jahr 1948 brachte mit der Währungsreform die allmähliche Wiederbelebung der wirtschaftlichen Situation in Wuppertal, die auch dem gesamten Schulleben zugute kam. Am 29.1.1948 berichtet die Zeitung WR, dass ab Ostern 1948 4.000 Schüler mehr die Schulen besuchen werden, so dass sich die Zahl von 31.000 auf 35.000 erhöhen wird.

Es wurde deshalb zwingend notwendig, auch im Stadtteil Vohwinkel, in dem es bis jetzt neben Volksschulen nur zwei Gymnasien gab, eine Mittelschule zu gründen. Sie wurde bis zum Jahr 1951 als eine Zweigstelle der Knabenmittelschule Wuppertal-Elberfeld Neue Friedrichstraße geführt und mitverwaltet von Herrn Mittelschulkonrektor Brinkmann Der Chronist dieser Anfangszeit schrieb in einer wunderschönen gut leserlichen Handschrift:

"Es wurden zwei Klassen, erster Jahrgang, eingerichtet: eine Mädchen- und eine Knabenklasse (44 Mädchen, 50 Knaben). Die Klassen waren in dem Gebäude der Volksschule Yorckstraße untergebracht. Unter äußerst primitiven Schulverhältnissen begann der Unterricht".

Es gab keine eigenen Lehrmittel, kein passendes Gestühl, alles wurde mit Hilfe des Schulverwaltungsamtes und der Eltern organisiert. Die Löcher in den Wänden, die von Kriegseinwirkungen und fremder Belegung herrührten, wurden durch selbst angefertigte Bilder und Wandsprüche verdeckt. Die beiden ersten Kollegen, Fräulein Lips und Herr Lambertz, die alle Fächer unterrichten mussten, sahen ihre Hauptaufgabe darin, dass die Knaben und Mädchen sich in ihrer Schule und ihrer Klasse wohlfühlten, nach allem, was sie in den letzten wirren Jahren durchgemacht hatten.

Ostern 1949 kamen wieder eine Knabenklasse mit 52 Jungen und eine Mädchenklasse mit 44 Mädchen, so wie drei weitere Lehrer hinzu. Ab dem 25.8.1949 übernahm Herr Mittelschulkonrektor Robert Gabel die Zweigstelle in Vohwinkel, die in jedem Jahr um zwei weitere Klassen mit ca. 50 Schülern anwuchs. Die Volksschule Yorckstraße teilte das Amtszimmer, das Lehrerzimmer und die Arbeitsmaterialien mit der Mittelschule.

Wegen Kohleknappheit wurden 1951 die Weihnachtsferien um 14 Tage verlängert, und dann wurde der Unterricht in der Yorckstraße ganz stillgelegt, denn das Gebäude mußte um- und angebaut werden. Während dieser Zeit mußten die Mittelschüler in die Gebäude der Frauenoberschule (Brucher Straße), der Berufsschule Rottscheidter Straße und in das naturwissenschaftliche Gymnasium in der Mackensenstraße ausweichen. Die Anmeldezahlen stiegen dennoch ständig, so dass ein selbständiger Mittelschulbau in der Blücherstraße geplant wurde.

Ab Ostern 1951 wurden die bisherigen Mittelschulen als Realschulen geführt und der Bezirksregierung Düsseldorf unterstellt. Herr Gabel wurde am 1.7.1951 Realschulrektor der ab jetzt selbständigen Realschule-Vohwinkel.

Zum Schuljahresbeginn konnten auch die Realschulklassen wieder zurück in die Yorckstraße. Trotz vier neu angebauter Klassen wurde im Schichtunterricht gearbeitet. Wieder reichte im Winter 1951/1952 der Koks nicht aus, so dass viel Unterricht ausfallen musste. Die äußerst provisorischen Naturwissenschaftsräume machten dem Schulleiter Sorgen.

Unter Punkt "Verschiedenes" berichtete Herr Gabel Ende 1951: "Zu Weihnachten 1951 erhalten alle städtischen Lehrkräfte Weihnachtszuwendungen. Ledige bekommen 20,- DM, Verheiratete 30,- DM. Für jedes Kind gibt es 15,- DM".

Ab Ostern 1953 war die Realschule zweizügig ausgebaut mit je 6 Jungen- und 6 Mädchenklassen im ganzen 490 Schüler und Schülerinnen., davon 65 heimatvertriebene Kinder, fünf Waisen und 39 Halbweisen.

Ostern 1954 wurden die ersten Klassen 6 (heute 10) in einer Feierstunde oben unter dem Dach in der Yorckstraße entlassen.

Abschlußjahrgang 1954 Mädchen (Foto aus der Jubiläumsfestschrift Realschule in Wuppertal-Vohwinkel 1948-1998)

Abschlußjahrgang 1954 Mädchen.

Abschlußjahrgang 1954 Jungen (Foto aus der Jubiläumsfestschrift Realschule in Wuppertal-Vohwinkel 1948-1998)
Abschlußjahrgang 1954 Jungen (Foto aus der Jubiläumsfestschrift Realschule in Wuppertal-Vohwinkel 1948-1998)

Abschlußjahrgang 1954 Jungen.

Das bedeutendste Ereignis dieses Jahres war die Grundsteinlegung für das neue Gebäude an der Blücherstraße am 17. Juli 1954. Das Schülerorchester spielte "Die Himmel rühmen des ewigen Ehre", der Oberbürgermeister Herr Schmeißing, der Stadtdirektor Herr Bremme, der Beigeordnete Herr Rath und andere hielten Reden, Professor Hetzelt verlas die Urkunde, die in den Eckstein eingemauert wurde.

Grundsteinlegung für das neue Gebäude Blücherstraße am 17. Juli 1954 (Foto aus der Jubiläumsfestschrift Realschule in Wuppertal-Vohwinkel 1948-1998)

Grundsteinlegung für das neue Gebäude Blücherstraße am 17. Juli 1954.

In den folgenden Jahren ließen sich die Mängel des Schichtunterrichts leichter ertragen mit dem Wissen, dass das neue Gebäude in absehbarer Zeit bezogen wurde.

Freudig vermerkte der Chronist, dass im Februar 1955 endlich die schon längst erwarteten "Richtlinien für die Bildungsarbeit der Realschule" erschienen.

Die Zeiten besserten sich, am 15. Juli 1954 fuhr die gesamte Realschule mit Schülern, Lehrern, Eltern im Sonderzug an den Rhein, wo Wanderungen und Schifffahrten unternommen wurden. "Dieser Tag wird unvergesslich bleiben. Wir werden ihn als einen der schönsten mit ins Leben nehmen", schrieb ein Schüler in seinem Erlebnisbericht über die Rheinfahrt.
Jetzt begannen auch Landschulaufenthalte, Klassenfahrten und Kollegiumsausflüge den Schulalltag zu bereichern.

Schulausflug (Foto aus der Jubiläumsfestschrift Realschule in Wuppertal-Vohwinkel 1948-1998)

Schulausflug.

Am 31.3.1955 ging Herr Gabel in den Ruhestand, Frau Kühne übernahm die Amtsgeschäfte, bis Herr Dr. Meckenstock am 1.10.1955 als Realschuldirektor die Leitung der Schule antrat und bis zum Sommer 1978 innehatte. Fast gleichzeitig mit ihm begann Frau Annemarie Angerstein ihren Dienst in der Schule, sie wurde 1960 Konrektorin und bestimmte bis zu ihrer Pensionierung 1983 den Geist der Schule wesentlich mit.

Am 18. Juli 1956 konnte der neue Schulbau endlich bezogen werden. Dr. Meckenstock berichtete von vielen Auseinandersetzungen mit der Stadt, bis es endlich so weit war. Dann begann der Kampf um eine Turnhalle in Vohwinkel, sie wurde 1959 in der Yorckstraße eingeweiht. Gleichzeitig bemühten sich die Vohwinkeler verbissen um ein Hallenbad in ihrem Stadtteil. Die erhoffte Kinderklinik wurde nie im Westen Wuppertals gebaut.

Ab 1959 ging es schon wieder darum, die Realschule zu erweitern, die Chronik enthält viele Baubeschreibungen. Der naturwissenschaftliche Trakt mit Küche und Werkräumen wurde 1964 fertig gestellt.

Ab 1964 fielen durch den "Erprobungsstufenerlaß" erstmals die Aufnahmeprüfungen weg. Noch gab es die "Klausuren der Abschlußklassen", die als "Mittelschulabitur" sehr umstritten waren. Der Schulleiter beschwerte sich 1966 bitter über die unzureichenden Gutachten der Grundschulen, die es ermöglichten, ungeeignete Schüler an die Gymnasien und Realschulen zu lassen, die das Niveau dieser Schulformen zwangsläufig senkten. Er behauptete, aus der von Georg Picht beschworenen "Bildungskatastrophe" sei nun ein echter "Bildungsnotstand" geworden.

Ab 1966 begannen die Kurzschuljahre, die heftig umstritten wurden. Man wollte den Schuljahresbeginn wie in ganz Europa auf den 1. August legen.

Herr Likus, der die naturwissenschaftlichen Fächer unterrichtete, beteiligte sich 1968 an dem Versuch, Stundenpläne mit "Computern festlegen zu lassen". Dieser Versuch soll laut Chronist völlig fehlgeschlagen und unsinnig gewesen sein. (30 Jahre später sind vom Computer erstellte Stundenpläne eine Selbstverständlichkeit geworden).

In den Jahren 1968 bis 1978 klagte der Schulleiter über chronischen Lehrermangel speziell in den Naturwissenschaften. Die Stundentafel konnte nur durch Mehrarbeit der Kollegen und durch außerschulische Kräfte erfüllt werden.

Am 23.3.1973 wurde das 25jährige Bestehen der Schule gefeiert. Der damalige Schulpflegschaftsvorsitzende Herr Conrads erklärte: "Wir in Vohwinkel sind eine große Familie, so daß so ein Schulfest schon ein kleines Volksfest ist". Die rund 1.000 Besucher bewiesen es überzeugend.

Ab 1974 wurde die Koedukation an den Schulen eingeführt. In Vohwinkel hatte es schon länger neben einer reinen Jungen- und einer reinen Mädchenklasse eine gemischte Klasse gegeben. Auf dem Schulhof mussten sich Jungen und Mädchen aber ganz streng getrennt aufhalten.

1974/1975 veränderte sich die Schullandschaft im Westen Wuppertals. Die beiden Gymnasien, die Frauenoberschule an der Florian-Geyer-Straße und das naturwissenschaftliche Gymnasium Mackensenstraße, mussten fusionieren, um den Anforderungen an die neu gestaltete gymnasiale Oberstufe zu entsprechen.

1986 wurde die Gesamtschule in Vohwinkel gegründet. Sie bezog die freigewordenen Gebäude der ehemaligen Frauenoberschule und bekam großzügige Anbauten.

Am Ende des Schuljahres 1977/1978 wurde Dr. Meckenstock pensioniert. Am 1.10.1978 trat Herr Realschulrektor Hermann Klugkist-Heße seinen Dienst als Schulleiter an, den er bis zu seiner Pensionierung 1983 versah.

Im Schuljahr 1978/1979 wurde die 5-Tage-Woche eingeführt, das neue Schulmitwirkungsgesetz trat in Kraft, und die neuen Richtlinien für die Realschulen erschienen. Diese neuen Richtlinien, die diesmal nicht sehnsüchtig erwartet wurden, ließen sich nur schwer in die Praxis umsetzen und hatten keinen großen Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen.

Im Schuljahr 1982/1983 hatte die Vohwinkeler Realschule ihren bis jetzt höchsten Schülerstand: 645 Schüler in 22 Klassen mit 32 Kollegen.

Am 1.8.1983 übernahm Frau Realschulrektorin Ingrid Erbel von der Schleswiger Straße die Schulleitung. Ihr Konrektor Herr Mai war schon ein Jahr vorher für Frau Angerstein an unsere Schule gekommen.

Ab 1984 machte sich der lange angekündigte "Pillenknick" bemerkbar, die Schülerzahlen sanken ständig bis 1991 auf 372 Schüler in 15 Klassen. Auch die Konkurrenz der Gesamtschule wurde spürbar.

In den Jahren 1986 bis 1992 gelang es Frau Erbel, den Um- und Ausbau der drei naturwissenschaftlichen Räume einschließlich neuer Vorbereitungsräume und Sammlungen durchzusetzen. Die alten Biologie-, Physik- und Chemieräume entsprachen überhaupt nicht mehr den Anforderungen modernen Unterrichts. Als Abschiedsgeschenk zu ihrer Pensionierung wird der neue Musiksaal fertiggestellt. In der Amtszeit von Frau Erbel gab es regelmäßige Schulfeste, Projektwochen, Tage der offenen Tür, Hallensporttage, und auch die Entlassungsfeiern der Klassen 10 wurden wieder im festlichen Rahmen gefeiert mit einem ökumenischen Gottesdienst für Schüler, Lehrer und Eltern.

In das letzte Jahr von Frau Erbels Amtszeit fiel das sogenannte "Kienbaumgutachten" und seine Umsetzung in den Schulalltag. Die "effizienzsteigernden Maßnahmen" der Landesregierung, d.h. Wegfall der Orientierungsstunde, Kürzung von Entlastungsstunden und Reduzierung der Altersermäßigungen usw., empörten die Lehrerschaft landesweit dermaßen, dass beschlossen wurde, auf alle Wanderfahrten, Schulfeste und Feiern verzichten in der Hoffnung, die Empörung der Elternschaft wachzurufen, um dadurch Einfluss auf die Regierungsbeschlüsse zu nehmen. Alle Proteste und Demonstrationen blieben aber vergeblich.

In dieser schwierigen Situation trat am 1.8.1992 Frau Heidi von Mensenkampff ihr neues Amt als Schulleiterin an. Eine aktive Elternschaft unter der Leitung der Fördervereinsvorsitzenden Frau Frohwein beschloss, den Lehrern bei den Veranstaltungen von Schulfesten und Weihnachtsbasaren zu helfen. Es entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit zum Nutzen der Schüler.

Das Kollegium kehrte langsam zum normalen Schulalltag zurück, doch eine große Resignation breitete sich über viele Kollegien im Land aus. Um dem "Burn-out-Syndrom" an unserer Schule entgegenzuwirken, wurden ganztägige pädagogische schulinterne Fortbildungen veranstaltet. Man fand heraus, dass die Missstimmung im Kollegium nicht nur durch die Maßnahmen der Landesregierung hervorgerufen wurde, sondern unter anderem auch durch die katastrophalen baulichen Mängel: Schimmelpilz auf den Toiletten, ein noch nie renoviertes Lehrerzimmer, zugenagelte Fenster, undichte Dächer usw. Wieder begannen Sanierungsarbeiten, die auch die Vergrößerung der Hausmeisterwohnung und schließlich den Anbau von vier weiteren Klassen auf der Schulhofseite bescherten.

Mit wachsenden Schülerzahlen vergrößerte und verjüngte sich das Kollegium von Jahr zu Jahr, so dass der Witz "Unser Jüngster wird fünfzig", abgeändert werden musste in: "Unsere Jüngste wir 27".

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der 1993 erschienen neuen Richtlinien und Lehrpläne für die Realschule wurden viele Fortbildungen besucht, schuleigene Lehrpläne erstellt, fächerübergreifender Unterricht erprobt und Projekte durchgeführt. Das Fach Englisch wurde aus der Differenzierung in den Kern verlegt.

Ein neuer Differenzierungsschwerpunkt wurde eingeführt: "Technik mit dem Schwerpunkt Informatik".

Ein Parallelfach zu Religion mit der Bezeichnung "Interkulturelles Lernen" wurde mit Erfolg erprobt.

Für den Nachmittagsbereich wurde eine Arbeitsgemeinschaft "Lernen lernen" angeboten, in der u.a. Hausaufgaben betreut werden.

Am 5.7.1997 verabschiedete die Schulkonferenz ein Schulprogramm, das das Schulprofil der Realschule Vohwinkel festschreibt. Alle an Schule Beteiligten hatte über zwei Jahre daran mitgearbeitet und versucht, zu einem Konsens zu kommen. Dieses Programm enthält nicht nur den Ist-Zustand, sondern zeigt auf, wohin sich die Realschule Vohwinkel in Zukunft entwickeln will.

Am 1.2.1998 verließ der Konrektor Herr Horst Berghaus die Schule, um Schulleiter an der Realschule Leimbach zu werden.

Blickt die jetzige Schulleiterin auf 50 Jahre Schulgeschichte zurück, so durchzieht der ständige Kampf um Bau- und / oder Sanierungsmaßnahmen die Aufzeichnungen der Schulleiter. Aus allen Protokollen geht hervor, dass die Förderung der Schüler und Schülerinnen oberstes Ziel aller pädagogischen Bemühungen war und ist.

Die Realschule in Vohwinkel verstand sich immer als Stadtteilschule, sie hatte bei den Vohwinkelern immer einen guten Ruf.

Wir wünschen der Vohwinkeler Realschule, dass dies in Zukunft so bleiben möge.



Heidi v. Mensenkampff



Copyright für den Text und die Bilder: Realschule Vohwinkel 1998.

Diesen Text und viele weitere Informationen finden Sie in:


Realschule in Wuppertal-Vohwinkel
1948 - 1998
Festschrift 50 Jahre
Wuppertal 1998


Der Veröffentlichung des Textes und der Bilder auf dieser Webseite
hat freundlicherweise Frau Heidi von Mensenkampff zugestimmt.


 

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